Autor: Johannes Bluth • Zuletzt aktualisiert am • Kategorie: Finanzen • Lesezeit: 6 Min.

Eigentumswohnung richtig vererben und Steuern sparen

Ein älteres Ehepaar steht am Fuße eines großen Baumes und fasst sich an den Händen.
© Sofia Shultz | Pexels

    Wer eine Eigentumswohnung an die nächste Generation weitergeben möchte, muss einige Voraussetzungen beachten, vor allem wenn es mehrere Erben gibt. Besonders beim Thema Steuern wird das Erben und Verschenken oft zu einer komplexen Angelegenheit. In diesem Beitrag erfahren Sie,

    • wie die Vererbung einer Eigentumswohnung abläuft,
    • welche Erbschaftssteuern es gibt,
    • welche Änderungen ab Januar 2023 bezüglich der Erbschafts- und Schenkungssteuer auf Sie zukommen.

    Wohnung vererben oder verschenken – was ist der Unterschied?

    Viele Wohnungseigentümer möchten den Verbleib ihrer Immobilie noch zu Lebzeiten regeln. Der Hauptgrund: den Erben sollen die Formalitäten möglichst erspart und Streitigkeiten vermieden werden. Das Zauberwort dafür lautet Schenkung.

    Diese ist zunächst mit einer Schenkungssteuer verbunden, die genauso hoch wie die Erbschaftssteuer ausfällt. Allerdings gibt es eine Besonderheit, die eine Schenkung attraktiv macht: die steuerlichen Freibeträge bei der Übertragung können bei einer Schenkung alle zehn Jahre von neuem genutzt werden.

    Es ist also möglich, eine Eigentumswohnung Stück für Stück, also anteilig zu schenken und kräftig Steuern zu sparen. Entscheidend ist immer der Einzelfall, in folgenden Fällen kann sich eine Schenkung aber grundsätzlich lohnen:

    • Die Freibeträge der Nutznießer sind gering (z. B. entfernte Verwandte, Freunde, Nachbarn)
    • Es ist absehbar, dass die Freibeträge von den Nutznießern voll ausgeschöpft werden müssen

    Eigentumswohnung steuerfrei vererben bei Weiternutzung durch die Erben

    Komplett steuerfrei vererben lässt sich eine Eigentumswohnung nur, wenn diese durch den Erben/die Erbin für mindestens zehn Jahre selbst bewohnt wird. Diese Regelung gilt ausschließlich für Erben erster Ordnung, also Ehepartner und Kinder. Zudem darf die Wohnung nicht größer als 200 Quadratmeter sein.

    Ergibt sich während dieser zehn Jahre ein Umstand, der den Auszug des Erben zwingend erforderlich macht, muss dennoch keine Erbschaftssteuer gezahlt werden. Beispiel wäre, dass der Erbe einen Schlaganfall erleidet und anschließend in ein Pflegeheim umziehen muss.

    Eigentumswohnung nach gesetzlicher Erbfolge vererben

    Großeltern stehen mit ihren Enkelinnen an einem Strand und schauen aufs Wasser.

    © RODNAE Productions / Pexels

    Gibt es kein Testament oder keinen Erbvertrag, greift die gesetzliche Erbfolge nach Paragraf 1924 und 1931 BGB. Die Erben werden dabei in vier sogenannte Ordnungen eingeteilt:

    • Ehegatten, eingetragene Lebenspartner, Kinder, Enkel (1. Ordnung)
    • Eltern, Geschwister, Nichten/Neffen (2. Ordnung)
    • Großeltern, Onkel, Tanten, Cousine/-n (3. Ordnung)
    • Urgroßeltern (4. Ordnung)

    Erbt eine Person eine Eigentumswohnung wird er/sie zum Alleinerben. Andernfalls spricht man von einer Erbengemeinschaft.

    Freibeträge bei der Erbschaftssteuer

    Folgende Freibeträge können Erben erster, zweiter und dritter Ordnung bei der Erbschaftssteuer geltend machen:

    • Ehegatten: 500.000 €.
    • Kinder und Kinder verstorbener Kinder: 400.000 €.
    • Enkel: 200.000 €.
    • Eltern und Großeltern: 100.000 €

    Ob und wie viel Erbschaftssteuer für eine Eigentumswohnung anfällt, hängt also vor allem vom Wert der Immobilie ab.

    Beispiel: Eine Witwe vererbt ihre selbst genutzte Eigentumswohnung mit einem Verkehrswert von 600.000 € an ihren einzigen Sohn. Abzüglich des Freibetrages von 400.000 € ergibt sich eine Bemessungsgrundlage von 200.000 €. Der Erbe müsste darauf 11 Prozent Erbschaftssteuer zahlen, also 22.000 €.

    Meistens vollzieht sich das Erbe an die Nutznießer erster Ordnung. Dass hingegen Urgroßeltern eine Immobilie von ihren Urenkeln erben, ist nicht nur biologisch höchst unwahrscheinlich.

    Wichtig: Verstirbt ein Ehepartner, erbt die Witwe/der Witwer nicht automatisch die Immobilie, sondern muss sich das Erbe ggf. mit den Kindern teilen. Hier kommt der gesetzliche Güterstand ins Spiel, in dem das Ehepaar gelebt hat.

    Güterstand und Zugewinngemeinschaft – was erbt der überlebende Ehepartner?

    Grundsätzlich gibt es drei Varianten des Güterstands bei Ehepaaren, die sich alle unterschiedlich auf den Erbteil auswirken. Wenn kein Ehevertrag geschlossen wurde, gilt grundsätzlich das Modell der Zugewinngemeinschaft.

    1. Zugewinngemeinschaft

    Wenn ein Ehepaar ein oder mehrere Kinder hat, erbt der Ehegatte die Hälfte der Immobilie. Die andere Hälfte wird unter den Kindern aufgeteilt. Bei vier Kindern etwa erbt jedes Kind ein Achtel der Eigentumswohnung.

    Gibt es keine gemeinsamen Kinder, bekommt der Ehegatte drei Viertel der Eigentumswohnung, den Rest müssen die Erben zweiter Ordnung (Eltern, Geschwister) unter sich aufteilen. Nur wenn die Eltern verstorben sind und der Erbe keine Geschwister oder Neffen/Nichten hat, erbt der Ehegatte das gesamte Wohneigentum allein.

    1. Gütertrennung

    Bei diesem Modell erbt der Partner gemäß Ehevertrag genauso viel wie die gemeinsamen Kinder. Bei zwei Kindern erhält also der Ehepartner ein Drittel der Eigentumswohnung, bei drei Kindern ein Viertel.

    1. Gütergemeinschaft

    In der Gütergemeinschaft erbt der Ehepartner die Hälfte der Immobilie. Bei gemeinsamen Kindern erben diese zudem ein Viertel der Hälfte des Partners.

    So weit, so gut. Allerdings ist es in der Praxis nicht möglich, z. B. ein Viertel einer Eigentumswohnung als Sachwert zu erben, da man nicht zu einem Viertel Eigentümer einer Wohnung sein kann. Daher haben Erben immer einen Anspruch darauf, ihr Erbe ausgezahlt zu bekommen. Bei Immobilien führt das oft zu Streitigkeiten, da es unterschiedliche Auffassungen darüber gibt, ob Immobilien im Familienbesitz verkauft werden sollen oder nicht.

    Testament und Erbvertrag – was ist der Unterschied?

    Zwei ältere Frauen sitzen mit zwei Mädchen auf einem Sofa.

    Testament

    Bei einem Testament unterscheidet man zwischen einem Einzeltestament und einem gemeinschaftlichen Testament – letzteres ist Eheleuten oder eingetragenen Lebenspartnern vorbehalten. Es kann entweder von einem Notar beurkundet (öffentliches Testament) oder handschriftlich verfasst werden (privates Testament). Dann muss das Dokument allerdings zwingend unterschrieben und mit Ort und Datum versehen werden.

    Wer eine Eigentumswohnung besitzt, ist mit einem öffentlichen Testament beim Notar gut beraten. Denn dieses ersetzt den Erbschein, der andernfalls von den Erben beantragt werden muss, um eine Änderung im Grundbuch zu erwirken.

    Doch Achtung: Ein gemeinschaftliches Testament ist nach dem Tod einer der Eheleute bindend und kann nicht mehr abgeändert werden.

    Erbvertrag

    Der Erbvertrag unterscheidet sich vom Testament dahingehend, dass mindestens zwei Vertragspartner nötig sind, die sich gewissermaßen auf die Bedingungen des Erbes einigen. Erbverträge können relativ flexibel gestaltet werden und müssen immer notariell beurkundet werden.

    Einen Erbvertrag können auch Personen miteinander schließen, die nicht verheiratet sind oder in einer eingetragenen Partnerschaft leben. Voraussetzung ist, dass die Erben den Nachlass akzeptieren, denn dieser wird mit dem Vertrag verbindlich vereinbart.

    Eigentumswohnung per Testament vererben

    Aus diesem Grund sollten Ehepaare im (gemeinschaftlichen) Testament regeln, was mit der Eigentumswohnung im Erbfall passiert. Denn im schlimmsten Fall kann der Witwer/die Witwe gezwungen werden, die Wohnung zu verkaufen, um die anderen Erben erster Ordnung auszuzahlen.

    Auch hier gibt es mehrere Wege:

    Eine Infografik zum Thema Eigentumswohnung per Testament vererben

    1. Teilungsanordnung

      Eine Teilungsanordnung verfügt, welche Teile des Vermögens an welche Erben übertragen werden. Es ist zum Beispiel möglich, eine Eigentumswohnung nur an den Ehepartner zu vererben und das Vermögen nur an die Kinder.

    2. Teilungsverbot

      Im Gegenteil dazu kann über ein Teilungsverbot verhindert werden, dass etwa eine Immobilie unter den Erben aufgeteilt wird. Jedoch können die Erben dieses Teilungsverbot wieder aufheben, wenn sie sich untereinander einig sind.

    3. Berliner Testament

      Unter einem Berliner Testament versteht man eine Sonderform des gemeinschaftlichen Testaments. Darin legt ein Ehepaar fest, dass der im Todesfall verbliebene Ehepartner – abweichend von der gesetzlichen Erbfolge – zum Alleinerben des Vermögens wird. Die gemeinsamen Kinder werden erst dann zu Erben, wenn der verbliebene Partner verstirbt.

    Wie läuft das Erbe ab, wenn die Eigentumswohnung vermietet ist?

    Bei einer vermieteten Eigentumswohnung ergeben sich Änderungen in Bezug auf den Verkehrswert der Immobilie. Das Finanzamt veranschlagt hier nämlich nur 90 Prozent des Verkehrswerts als Bemessungsgrundlage.

    Beispiel: Ein Kind erbt als Alleinerbe eine vermietete Eigentumswohnung mit einem Verkehrswert von 440.000€, ergibt sich eine Bemessungsgrundlage von 399.600€. Demnach muss keine Erbschaftssteuer entrichtet werden, da der Betrag unter dem Freibetrag für Erben erster Ordnung liegt.

    Eine Person hält einen Schlüssel in den geöffneten Handflächen.

    © Kindel Media / Pexels

    Was passiert, wenn die vererbte Eigentumswohnung noch nicht abbezahlt ist?

    Wer eine Immobilie erbt, wird zum Rechtsnachfolger des Erblassers. Damit gehen auch alle mit dem Eigentum verbundenen Pflichten auf den Erben über. Dazu gehören auch Zahlungsverpflichtungen gegenüber Gläubigern und Banken, wenn die Eigentumswohnung noch nicht abbezahlt ist.

    Wichtig: Als Erbe haftet man mit dem privaten Vermögen für den übernommenen Nachlass. Die Restschuld bei einer Immobilie muss also ggf. aus eigener Tasche bezahlt werden. Wenn sich abzeichnet, dass der Nachlass mit hohen Schulden belastet ist, kann es sinnvoll sein, das Erbe auszuschlagen. Denn ein Erbe kann immer nur ganz oder gar nicht übernommen werden, sich einzelne Dinge herauszupicken ist nicht möglich.

    In der Erbengemeinschaft verteilt sich die Haftung gleichmäßig auf alle Miterben.

    Nießbrauch & Dauerwohnrecht beim Vererben einer Eigentumswohnung

    Neben dem Nießbrauch und dem Wohnrecht laut BGB gibt es auch noch das Dauerwohnrecht nach § 33 Abs. 1 WEG. Dieses ist vererbbar und veräußerbar. Nießbrauch und Wohnrecht hingegen sind es nicht.

    Änderungen ab 2023: Erbschafts- und Schenkungssteuer werden erhöht

    Ab dem 1. Januar 2023 sieht ein vom Bundestag eigereichter Gesetzesentwurf eine deutliche Erhöhung der Erbschafts- und Schenkungssteuer vor.

    Diese Änderung betrifft die Übertragung bebauter Grundstücke durchs Vererben und Verschenken.

    Dabei ändert sich nicht der bisherige Erbschafts- und Schenkungssteuersatz an sich, sondern die steuerliche Bewertung von bebauten Grundstücken.

    Diese wird ab 2023 somit näher an

    • die Wertermittlung der Gutachterausschüsse und
    • die aktuellen Verkehrswerte gekoppelt.

    Mit anderen Worten – je höher die Immobilie bewertet wird, umso mehr erhöht sich auch die Steuer. Zum einen liegt dann ein höherer Wert über dem Freibetrag und muss besteuert werden, zum anderen steigt der Prozentsatz der Steuer bei Überschreiten der jeweiligen Schwellenwerte.

    Wenn Sie eine Vererbung oder Schenkung Ihrer Immobilie beabsichtigen, sollten Sie schnellstmöglich von einem Steuerberater prüfen lassen, ob Sie mit einer höheren Steuerbelastung rechnen müssen. Falls eine deutlich erhöhte Steuerbelastung zu erwarten ist, sollten Sie bis Ende 2022 die bestehenden Werte für die Übertragung nutzen.

    Bedenken Sie dabei, dass die Übertragung eines Grundstücks notariell beglaubigt werden muss, was nicht von einem auf den anderen Tag geschieht. Leiten Sie deshalb das Verfahren sobald wie möglich ein, denn für den Zeitpunkt der Entstehung der Steuer ist das Datum der notariellen Beurkundung des Vertrages maßgeblich.

    Fazit

    Das Thema Erbschaft ist komplex, erst recht bei Immobilien. Wer rechtzeitig und durchdacht vorgeht, kann die Steuerlast seiner Erben reduzieren und somit seinen Hinterbliebenen einen größeren Nachlass bescheren. Je mehr Erben das Testament vorsieht, desto sorgfältiger muss die Verteilung vorgenommen sein.

    Streitigkeiten zwischen den Erben gilt es zu vermeiden, denn dadurch geht neben dem Familienfrieden vor allem eines verloren: viel Geld. Im schlimmsten Fall muss die Immobilie per Teilungsversteigerung veräußert werden – meist empfindlich unter dem Marktwert. Als Wohnungseigentümer haben Sie also gute Gründe, um die Erbschaft Ihrer Immobilie zu Lebzeiten zu regeln.